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Thema | September 2022


Das Sabbat-(An)Gebot

Die Zehn Gebote sind den Christen heilig – zu gutem Recht. Wie kommt es aber, dass wir ausgerechnet das am ausführlichsten beschriebene vierte Gebot am wenigsten beachten? Haben wir das Kind gleich mit dem Bad ausgeschüttet, als wir vom Gesetz zur Gnade kamen? Oder haben wir vergessen, dass die Gebote Gottes weniger den Weg in die Freiheit als den Weg in der Freiheit beschreiben? Gott will uns aufblühen lassen! Dieser Artikel lädt uns ein, dies anhand des Sabbat-(An)Gebots neu zu entdecken.



Vom Ruhetag zum Sabbat
«So vollendete Gott am siebenten Tage seine Werke, die er machte, und ruhte am siebenten Tage von allen seinen Werken, die er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken, die Gott geschaffen und gemacht hatte.» 1. Mose 2,2-3

Der Ruhetag ist so alt wie die Schöpfung oder ein paar Tage jünger, wenn man es buchstäblich nimmt ... Der Schöpfer des Universums und aller Lebewesen erlaubt sich nach getaner Arbeit eine Pause, um zu ruhen, zu geniessen und sich zu freuen! Gleichzeitig lädt er die Menschen ein, in seinem vollendeten Werk dasselbe zu tun. Adam und Eva begannen ihr Leben also in der Ruhe und Freiheit mit Gott!

Viele Jahre später, als das Volk Israel in Ägypten immer zahlreicher wurde, zwang sie der Pharao zum Sklavendienst – vermutlich an jedem Wochentag. Gott erlöste sein Volk und gab ihnen zehn (An)Gebote, um das Leben in der neuen Freiheit zu gestalten: Regelmässige Ruhezeiten – ohne schlechtes Gewissen und Angst vor Peitschenhieben eines Treibers. Gott begründet das Sabbat-(An)Gebot mit seinem eigenen Ruhen (2. Moses 20,11), und der Befreiung aus der Sklaverei (5. Mose 5, 15): «Denkt regelmässig daran, dass ihr versklavt wart und nun frei seid – und versklavt nicht andere!» Mit dem Sabbatjahr alle 7 Jahre, wo alle Felder ruhen sollten, und dem Erlassjahr nach 7 mal 7 Jahren, wo Besitztümer wieder ausgeglichen werden sollten, zeigte Gott zudem an, dass er noch höhere Ziele hatte ... (3. Mose 25,1-24)

Vom Sabbat zum Tag des Herrn
Mit der Aussage von Jesus Christus: «Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat und gesandt, zu verkündigen das Evangelium den Armen, zu predigen den Gefangenen, dass sie frei sein sollen, und den Blinden, dass sie sehen sollen, und die Zerschlagenen zu entlassen in die Freiheit und zu verkündigen das Gnadenjahr des Herrn.» (Lukas 4,18-19)  wird der Sabbat vom Alten Testament zur geistlichen Realität! Jesus offenbarte  zudem, dass die wirkliche Ruhe bei ihm zu finden ist: «Kommt her zu mir ... Ich will euch Ruhe schenken». Er kämpfte gegen ein gesetzliches Verständnis des Ruhetags: «Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen» (Markus 2,27). Er führt uns vom Gebot zum Angebot der Freiheit und der Ruhe!

Die Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus geschah dann am ersten Tag der Woche, also nach dem Sabbat. Es war der erste Tag einer neuen Schöpfung. Die junge Gemeinde feierte fortan diesen Tag des Herrn – wie eine wöchentliche «kleine» Ostern. Dies geschah wahrscheinlich jeweils am Morgen vor der Arbeit. Die Heiden kannten keinen allgemeinen Ruhetag.  Erst, Kaiser Konstantin (321 n. Chr.) setzte den Sonntag als allgemeinen Ruhetag ein. Durch die Geschichte erlebte der gesetzliche Ruhetag verschiedene Hochs und Tiefs – und scheint heute wieder unter Druck zu kommen. Geniessen wir es, dass wir an jedem siebten Tag speziell die Gelegenheit erhalten, auf noch mehr zu schauen als auf einen arbeitsfreien Tag!

Anhalten und Ruhen
Jeder Ruhetag lädt uns ein zum Anhalten und somit im göttlichen Rhythmus zu leben: 1 – 6 – 1 … Wenn wir stoppen, bezeugen wir, dass wir im Lauf der Welt nicht unersetzbar sind. Jeder 7. Tag erinnert uns daran, dass Gott die Schöpfung vollendet hat und wir mit ihm ruhen können – auch wenn unser Werk noch nicht vollendet ist. Jesus hat alles vollbracht und wir können regelmässig «trainieren» für die ewige Ruhe, in welche Gott uns führen wird (Hebräer 4,9-11). So wird jeder Ruhetag ein Stück Himmel auf Erden! Wer möchte sich dieses (An)Gebot schon entgehen lassen?

Anhalten und Gott begegnen
Wir halten nicht nur an, um uns vor einem Burnout zu schützen. Wenn wir den Ruhetag nicht im Blick auf Jesus Christus begehen, dann gehen wir am Wesentlichen vorbei. Wir nehmen nicht einen Tag frei von Gott, sondern von unseren Arbeiten. Wir haben mehr freie Zeit zum Gebet und zum Meditieren der Bibel als an einem Arbeitstag. Am Tag des Herrn haben wir allen Grund, uns mit anderen Christen im Gottesdienst zu treffen. Den Ruhetag zu feiern ist ein entscheidender Kanal, durch den Gottes Güte, Gnade und Freiheit in unser Leben hineinfliessen. Lasst uns das geniessen!

Mit Überzeugung anhalten
Was geht dir wohl nun durch den Kopf? Darf ich raten? Eventuell: «So einfach ist das leider in der Praxis nicht.» Genau, so einfach ist es nicht, sonst hätte ich diesen Artikel nicht geschrieben! Das Geschenk des Ruhetags ist aber so wertvoll, dass es sich lohnt ihn bewusst zu begehen und zu schützen. Nicht mit sturen Gesetzen, aber mit festen Überzeugungen. Folgende Gedanken helfen mir – und vielleicht auch dir – dabei:

  • Ich sehe den  Ruhetag nicht als Gebot, sondern als Angebot.
  • Er ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit.
  • Das Werk des Herrn ist so dringend … da können wir es uns nicht leisten, nicht zu ruhen.
  • Ich darf ruhen von der Arbeit, wie wenn sie getan wäre.
  • Mein Wert sackt am Ruhetag ohne erbrachte Leistung nicht auf null – im Gegenteil!
  • Das Ziel ist nicht «in mir» zur Ruhe zu kommen, sondern bei Gott!
  • Der Ruhetag erinnert mich daran, dass Jesus am Kreuz rief: «Alles ist vollbracht!» 

Tipps zur Gestaltung des Ruhetags

  • Je nach Lebenssituation und Job ist dein Ruhetag nicht zwingend der Sonntag. Versuche aber deinen Ruhetag so gut wie möglich zu fixieren und nicht jede Woche neu zu suchen. Sonst wirst du ihn nie finden ...
  • Rahmen definieren: z.B. ab Samstag 
  • 19 Uhr bis Sonntag 19 Uhr. Starte, eventuell sogar mit einer kleinen Feier zum Start des «Tages des Herrn»
  • Überlege dir, welche Arbeiten du machen und welche du lassen willst. Es heisst nicht: Sechs Tage sollst du arbeiten und am 7. Tag aufräumen ...
  • Wenn ich mein/du dein  Arbeitspensum ohne Arbeit am Ruhetag nicht schaffst, dann lade ich mir/lädst du dir vermutlich zu viel auf.
  • Wie erholt sich dein Körper? Beim Bauarbeiter ist es vielleicht der Liegestuhl und bei der Grafikerin eher das Wandern.
  • Versuche Sitzungen möglichst an einem Wochentag einzuplanen.
  • Manchmal tut es gut, einfach mal die Ruhe mit Gott zu geniessen und ohne Ablenkung im Wald zu spazieren oder auf dem Sofa zu sitzen. 
  • Den Flugmodus auf dem Handy einzuschalten, kann helfen eine Zeit ohne störende Benachrichtigungen zu gestalten. Dies kannst du üben, indem du mit 2 Stunden beginnst und dann stetig verlängerst.  
  • Es geht nicht nur um uns selbst ... 
  • Wie kann ich wie Jesus Barmherzigkeit leben? Es gibt zum Beispiel Menschen, die sind am Ruhetag noch einsamer als am Werktag ...
  • Ermöglicht mein Lebensstil auch andern einen Ruhetag? Zum Beispiel in dem ich jemanden zum Essen oder zu einem Ausflug einlade oder für jemanden die Kinder hüten. 
  • Zum Schluss: experimentieren, üben, korrigieren und nicht aufgeben!

Das Video zur Vertiefung finden Sie auf unserem Youtubekanal.